Arbeitsunfall & Berufskrankheit

Arbeitsunfall (auch Betriebsunfall, Berufsunfall) ist Unfall einer versicherten Person infolge versicherter Tätigkeiten, wenn er plötzlich während einer Arbeitsschicht oder auf dem Arbeitsweg eingetreten ist, von außen auf den Körper eingewirkt und zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod geführt hat (vgl. § 8 SGB VII). Der Wegeunfall ist somit ein Unterfall von Arbeitsunfall, weil es einen Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit hat. Rein private Haushalts-, Freizeit-, Sport- und Verkehrsunfälle haben keinen Bezug zur beruflichen Tätigkeit und sind daher keine Arbeitsunfälle.

Unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen nicht nur Tätigkeiten direkt am Arbeitsplatz, sondern auch Unfälle

  • die Versicherte infolge ihrer beruflichen oder sonst versicherten Tätigkeit erleiden. Der eingetretene Gesundheitsschaden muss aber auf den betrieblichen Bereich zurückzuführen sein. Er muss durch den Arbeitsunfall verursacht worden sein und nicht ein schon vorhandener gesundheitlicher Schaden sein, der während der versicherten Tätigkeit akut wurde (wie z.B. Herzinfarkt während der Arbeitszeit).
  • auf dem Hin- und Rückweg von und zur Arbeitsstätte: Wegeunfall.
  • bei Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung oder Erneuerung eines Arbeitsgerätes oder einer Schutzausrüstung sowie im Zusammenhang mit der Erstbeschaffung von Arbeitsgerät auf Veranlassung des Unternehmers.
  • bei Teilnahme am Betriebssport, sofern der Teilnehmerkreis auf Betriebsangehörige beschränkt ist, regelmäßig stattfindet und der Erhaltung der Arbeitskraft dient.
  • in der Regel im Rahmen eines Betriebsausflugs oder einer Betriebsfeier.

Wird der Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt, werden die notwendigen medizinischen Leistungen von der Krankenversicherung erbracht. Der Unfallversicherungsträger informiert die Krankenkasse über die Ablehnung. In bestimmten Fällen kann eine Rente wegen Erwerbsminderung der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht kommen.

Der Arbeitnehmer bzw. die versicherte Person steht grundsätzlich auf dem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit unter Versicherungsschutz. Der Schutz der Unfallversicherung beginnt dabei mit dem Durchschreiten der Außenhaustür des von der versicherten Person (Arbeitnehmer, Schüler usw.) bewohnten Gebäudes und endet auf dem Rückweg, sobald die Außenhaustür wieder erreicht ist.

Bloße Vorbereitungshandlungen zur Zurücklegung des Weges zur Arbeitsstätte (z.B. Umparken eines KFZs des nahen Angehörigen von der eigenen Garage, um ins eigene Fahrzeug einsteigen zu können) gehören nicht dazu.  Auch das Auftanken eins Fahrzeugs auf dem Weg zur Arbeitsstätte ist in der Regel nicht versichert, außer, wenn das Nachtanken ohne Verschulden des Arbeitnehmers unvorhergesehen notwendig wird (Tankanzeige defekt).

Dabei müssen Sie nicht ausschließlich den kürzesten Weg benutzen. Vielmehr besteht grundsätzlich eine freie Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Strecken (z. B. eine längere, aber verkehrsgünstigere Strecke) sowie in der Art des Verkehrsmittels. Umwege, die dazu dienen, trotz des längeren Weges sicherer oder schneller zum Ziel zu gelangen, stehen auch unter Versicherungsschutz.

Von der Unfallversicherung umfasst sind alle Tätigkeiten, die rechtlich wesentlich durch die Zurücklegung des Weges bedingt sind. Dazu zählen z. B. auch erforderliche Wartezeiten.

Unterbricht der Versicherte dagegen den Weg für persönliche Handlungen (z. B. privater Einkauf, Essenseinnahme), besteht während der Unterbrechung regelmäßig kein Versicherungsschutz. Nach Beendigung der Unterbrechung lebt der Versicherungsschutz wieder auf (nicht wenn die Unterbrechung länger als 2 Stunden gedauert hat).

Versichert sind außerdem folgende Wegeabweichungen:

  • abweichender Weg, um Kinder zur Betreuung in fremde Obhut zu bringen, z. B. Kindergarten, Großeltern, Tagesmutter
  • abweichender Weg wegen Fahrgemeinschaften
  • Abweichender Weg des Kindes wegen Beförderung aufgrund beruflicher Tätigkeit des Versicherten in fremde Obhut. 

Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erstreckt sich auf folgende Personengruppen:

  • Arbeitnehmer,
  • bestimmte ehrenamtlich tätige Personen (z.B. ehrenamtliche Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehr),
  • Personen, die im Interesse der Allgemeinheit tätig sind, wie z. B. Mitarbeiter in Hilfsorganisationen, Lebensretter, Blutspender, Zeugen, Schöffen,
  • Kinder, die in Kindertageseinrichtungen oder durch geeignete Tagespflegepersonen betreut werden, Schüler und Studierende in Schulen und Hochschulen sowie Personen in der beruflichen Aus- und Fortbildung,
  • Personen, die in der Landwirtschaft selbständig, als mitarbeitende Familienangehörige oder als abhängig Beschäftigte arbeiten,
  • Entwicklungshelfer,
  • Personen in der Rehabilitation (z.B. Krankenhausaufenthalt),
  • häusliche Pflegepersonen, 
  • Arbeitslose, wenn sie auf Aufforderung der Arbeitsagentur die Agentur oder eine andere Stelle aufsuchen.
  • Personen, die wie Beschäftige tätig werden.

Unternehmer, die nicht schon durch Gesetz oder Satzung pflichtversichert sind (wie z.B. selbständige Hebammen, Physiotherapeuten und Masseure), können sich freiwillig versichern (z.B. selbständig tätige Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker und Apotheker).

Die obige Aufzählung ist nicht abschließend, die versicherten Personenkreise sind in den §§ 2, 3 und 6 SGB VII aufgeführt.

Ob ein Arbeitsunfall vorliegt, entscheiden die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.

Dies sind

  • die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, z.B. Unfallkassen
    (für Beschäftigte von Bund, Ländern und Gemeinden sowie für Kindergartenkinder, Schüler und Studenten, für Bundesagentur für Arbeit)
  • die gewerblichen Berufsgenossenschaften
    (für Beschäftigte in privaten Wirtschaftsunternehmen),
  • die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft
    (für Beschäftigte, mitarbeitende Familienangehörige und Selbständige in der Land- und Forstwirtschaft).

Versicherte müssen von ihrem Arbeitgeber unterrichtet werden, welcher Unfallversicherungsträger für sie zuständig ist.

Die Anschriften sowie E-Mail- und Internet-Adressen der Unfallversicherungsträger können Sie auch auf der Internetseite der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) – Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand: http://www.dguv.de/, abrufen.

Eine Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine Krankheit, die in der Regel über längere Zeit infolge andauernder schädlicher Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit entsteht. Berufskrankheiten sind in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt. Grundsätzlich können nur die in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung enthaltenen Berufskrankheiten von der Unfallversicherung entschädigt werden. Ausnahmsweise können auch andere, in der BK-Liste nicht enthaltene Erkrankungen, dazu gehören, wenn neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Bezeichnung der Krankheit als Berufskrankheit vorliegen.

Ist eine Krankheit in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt, ist damit nicht automatisch eine Anerkennung als Berufskrankheit im Einzelfall verbunden. Diese setzt weiter voraus, dass die Erkrankung des Versicherten durch die schädigenden Einwirkungen auf seine konkrete Tätigkeit zurückzuführen sein muss und zwischen der Einwirkung und der Erkrankung ein Ursachenzusammenhang mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die Beweislast trägt dabei der Arbeitnehmer. Entsprechend handelt es sich bei der Anerkennung von Berufskrankheiten um langwierige und komplizierte anwaltliche Verfahren.

Die BK-Liste ist in unterschiedliche Kategorien von Berufskrankheiten gegliedert, nämlich in

  • durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten (z.B. BK-Nr. 1101 Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen, BK-Nr. 13 Erkrankungen durch Lösemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel (Pestizide) und sonstige chemische Stoffe),
  • durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten (z.B. BK-Nr. 2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, BK-Nr. 2301 Lärmschwerhörigkeit),
  • durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten (z.B. BK-Nr. 3102 von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten),
  • Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells und der Eierstöcke (z.B. BK-Nr. 4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura),
  • Hautkrankheiten (z.B. BK-Nr. 5102 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe)
  • Krankheiten sonstiger Ursache (z. B. BK-Nr. 6101 Augenzittern der Bergleute)

Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dem zuständigen Unfallversicherungsträger vom behandelnden Arzt oder dem Arbeitgeber gemeldet werden.

Bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit haben die Versicherten Anspruch auf die verschiedenen Leistungen der Unfallversicherung. Zu diesen gehören vor allem:

  1. Heilbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
  • Erstversorgung, ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Zahnersatz
  • Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (einschließlich Krankengymnastik, Bewegungs-, Sprach- und Beschäftigungstherapie)
  • Versorgung mit Hilfsmitteln (insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch)
  • häusliche Krankenpflege
  • Belastungserprobung und Arbeitstherapie
  1. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  • Beratung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen
  • Umgestaltung des Arbeitsplatzes
  • Zuschüsse an Arbeitgeber
  • Aus- und Fortbildung, Umschulung
  1. Leistungen zur Sozialen Teilhabe, insbesondere Hilfen
  • zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten
  • zur Verständigung mit der Umwelt
  • bei Beschaffung, Erhalt und Ausstattung einer behindertengerechten Wohnung
  • zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten
  • zur Teilhabe am kulturellen und gemeinschaftlichen Leben
  1. ergänzende Leistungen
  • ärztlich verordneter Rehabilitationssport in Gruppen unter ärztlicher Aufsicht
  • Reisekosten (auch für Familienheimfahrten) zur Durchführung der Leistungen
  • Betriebs- und Haushaltshilfe
  • Kinderbetreuungskosten
  • Kraftfahrzeughilfe
  • Wohnungshilfe
  1. Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
  • Gewährung von Pflegegeld
  • auf Antrag Stellung einer Pflegekraft (Hauspflege)
  • Unterhalt und Pflege in einer geeigneten Einrichtung (Heimpflege)
  1. Geldleistungen
  • Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit
  • Übergangsgeld während der Dauer berufsfördernder Leistungen
  • Versichertenrente
  • Hinterbliebenenleistungen (Sterbegeld, Überführungskosten, Witwen- und Waisenrenten)

Um oben beschriebene Leistungen zu erhalten, müssen Sie keinen Antrag stellen, vielmehr werden Leistungen der Unfallversicherung von Amts wegen festgestellt.

Während der Heilbehandlung erhalten Versicherte Verletztengeld, solange sie infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können.
Das Verletztengeld soll das in diesem Zeitraum ausfallendes Einkommen ersetzen. Es ist vergleichbar mit dem aus der gesetzlichen Krankenversicherung bekannten Krankengeld. Ausgezahlt wird es gewöhnlich im Auftrag der Unfallversicherung vom Träger der Krankenversicherung, somit von Ihrer zuständigen Krankenkasse.
Voraussetzung ist, dass unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder Lohnersatzleistungen (z.B. Kranken- oder Arbeitslosengeld) bestand. Verletztengeld wird auch für die Zeit bis zum Beginn von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. Umschulung) erbracht, wenn diese erforderlich sind, sich nicht unmittelbar an die Heilbehandlung anschließen und der Versicherte eine Tätigkeit nicht wieder aufnehmen oder aus wichtigem Grund nicht ausüben kann.
Auch im Fall einer Wiedererkrankung an den Folgen eines Versicherungsfalls erhalten Versicherte Verletztengeld.

Das Verletztengeld wird von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird oder mit dem Tag des Beginns der Heilbehandlung.

Da Arbeitnehmer im Allgemeinen für die ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben, kommt die Zahlung von Verletztengeld in diesem Zeitraum daher meistens nicht in Betracht.

Der Anspruch auf Verletztengeld endet regelmäßig mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder dem letzten Tag der Heilbehandlungsmaßnahme. Ist mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen und sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen, ist die Dauer des Anspruchs auf 78 Wochen begrenzt.

Die Höhe des Verletztengeldes errechnet sich bei Arbeitnehmern wie das Krankengeld. Das Verletztengeld beträgt jedoch 80 Prozent des regelmäßigen Bruttoarbeitsentgelts, darf aber das Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen.

Versicherte Unternehmer oder diesen gleichgestellte Personen erhalten Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils ihres Jahresarbeitsverdienstes, was dem auf den Kalendertag entfallenden Verletztengeld für Arbeitnehmer entspricht.

Wurde vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld bezogen, wird Verletztengeld nach § 47 Abs. 2 SGB VII in Höhe des Krankengeldes gezahlt. Bei Bezug von nicht nur darlehensweise erbrachtem Arbeitslosengeld II wird Verletztengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes II gezahlt.

Berechnungsbeispiel:

  • Im Jahr 2019 monatliches Bruttoeinkommen 000 €
  • 2-fache Bezugsgröße 2019=74.760 € : 360 = 207,67 € pro Kalendertag (Höchstjahresarbeitsverdienst als Vergleich, d.h. auch wenn ein Arbeitnehmer vor dem Unfall ein höheres Einkommen erzielt hat, wird nur der der 360. Teil des Jahresarbeitsverdienstes als regelmäßiges Bruttoarbeitsentgelt zugrunde gelegt)
  • 000 € : 30 = 100 € pro Kalendertag
  • Davon 80 Prozent = 80 €
  • Monatliches Nettoeinkommen 900 €
  • 900 € : 30 = 63,33 € pro Kalendertag
  • Da das berechnete Verletztengeld den Nettolohn übersteigt, wird es nur in Höhe des kalendertäglichen Nettolohns von 63,33 €
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