Bürgergeld (Hartz IV)

Einen Anspruch auf Bürgergeld (ehemals Hartz IV) haben Sie, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. § 7 Sozialgesetzbuch II):

  • Sie sind mindestens 15 Jahre alt und Sie haben die Altersgrenze für Ihre Rente noch nicht erreicht (je nach Renteneintrittsalter zwischen 65-67 Jahre).
  • Sie wohnen in Deutschland und haben hier Ihren Lebensmittelpunkt.
  • Sie können mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten.
  • Sie oder Mitglieder Ihrer Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig.

Hilfebedürftig bedeutet, dass das Einkommen Ihrer Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und Sie den Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können.

Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mind. 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch II). Wer nicht erwerbsfähig, aber leistungsberechtigt ist, kann Sozialgeld erhalten (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch II).

Alleinstehende / Alleinerziehende

Volljährige mit minderjährigen Partnern

563 Euro

Regelbedarfsstufe 1

Volljährige Partner

Je

506 Euro

Regelbedarfsstufe 2

Volljährige ohne eigenen Haushalt, die nicht Partner sind und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (18 bis 24 Jahre)

Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (15 bis 24 Jahre) und ohne Zusicherung des Jobcenters umziehen

451 Euro

Regelbedarfsstufe 3

Kinder ab Vollendung des 14. Lebensjahres, die das 18 Lebensjahr noch nicht vollendet haben (14 bis 17 Jahre)

Minderjährige mit volljährigen Partnern

471 Euro

Regelbedarfsstufe 4

Kinder ab Vollendung des 6. Lebensjahres, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (6 bis 13 Jahre)

390 Euro

Regelbedarfsstufe 5

Kinder, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (0 bis 5 Jahre)

357 Euro

Regelbedarfsstufe 6

Kinder und Jugendliche der Regelbedarfsstufen 3 bis 6 erhalten zusätzlich neben dem Regelbedarf auch einen Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro monatlich bis zur Einführung einer Kindergrundsicherung.

 

Der aktuelle Regelsatz ist auch maßgebend für die Berechnung der Mehrbedarfe.

Kosten für Wohnung und Heizung werden von den Jobcentern nach den örtlichen Richtlinien gezahlt, hier gibt es also keine bundeseinheitliche Regelung.

Neben dem Regelbedarf gibt es bei ALG II und Sozialgeld in folgenden Fällen zusätzlich Mehrbedarfe:

  1. a) bei Schwangerschaft:

Schwangere haben ab der 13. Schwangerschaftswoche einen Anspruch auf einen Mehrbedarf von 17% des maßgebenden Regelbedarfs.

  1. b) für Alleinerziehende:

Bei Alleinerziehenden ist die Höhe des Mehrbedarfs abhängig vom Alter und der Anzahl der Kinder.

Beispiele für die Höhe des Mehrbedarfs (jeweils bezogen auf den maßgebenden Regelbedarf):

Alter

Prozent

1 Kind unter 7 Jahren

36 Prozent

1 Kind über 7 Jahren

12 Prozent

2 Kinder unter 16 Jahren

36 Prozent

2 Kinder über 16 Jahren

24 Prozent

4 Kinder

48 Prozent

ab 5 Kinder

60 Prozent

  1. c) für Menschen mit Behinderungen

Für erwerbsfähige behinderte Menschen wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs anerkannt, wenn Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetz-buch (SGB IX – Rehabilitation und Teilhabe) tatsächlich gewährt werden.

  1. d) für erwerbsunfähige gehbehinderte Menschen

Für voll erwerbsgeminderte Sozialgeldempfänger wird ab Vollendung des 15. Lebensjahres ein Mehrbedarf in Höhe von 17 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs anerkannt, wenn sie Inhaber eines Schwerbehinderten­ausweises mit dem Merkzeichen G sind.

  1. e) wegen kostenaufwendiger Ernährung

Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung benötigen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe berücksichtigt.

  1. f) Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts

Soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht – z.B. Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem Kind -, wird unter bestimmten Voraussetzungen ein Mehrbedarf anerkannt.

  1. g) für dezentrale Warmwasserversorgung

Soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen (Durchlauferhitzer) erzeugt wird, wird gegebenenfalls ein pauschal gestaffelter Mehrbedarf anerkannt.

  1. h) Härtefallregelung
  • 21 Abs. 6 SGB II regelt sog. Härtefall. Danach wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht  (§ 21 Abs. 6 S. 2 SGB II).

In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wurden als Mehrbedarfe gem. § 21 Abs. 6 SGB II beispielsweise anerkannt:

  • Die Kosten für Schulbücher sind vom Jobcenter als Härtefall-Mehrbedarf zu übernehmen, wenn Schüler mangels Lernmittelfreiheit ihre Schulbücher selbst kaufen müssen (Bundessozialgericht, 08.05.2019, Az.: B 14 AS 6/18 R und B 14 AS 13/18 R)
  • Nachhilfestunden für Kinder, sofern ein bestimmter Anlass wie eine längere Krankheit zu dem Bedarf geführt hat und absehbar ist, dass die Stunden nicht länger als sechs Monate benötigt werde
  • Hygiene- und Pflegeartikel, die aufgrund von Krankheiten wie Neurodermitis und HIV-Infektion regelmäßig benötigt werden
  • Fahrtkosten zum Besuch des inhaftierten Kindes (Bayerisches Landessozialgericht, 10.07.2012, Az. L 7 AS 963/10)
  • Umgangskosten eines Elternteils mit dem Kind (BSG,  4.6.2014, Az. B 14 AS 30/13 R; Bayerisches LSG, 10.07.2013, Az. L 7 AS 191/12; LSG NRW, 21.03.2013, Az. L 7 AS 1911/12), auch wenn das Kind im Ausland lebt (LSG Niedersachsen-Bremen, 11.05.2012, Az. L 15 AS 341/11 B ER). Der Bedarf ist aber begrenzt auf die Kosten, die durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel entstehen würden (BSG, 18.11.2014, Az. B 4 AS 4/14 R)
  • Kosten einer Putz- bzw. Haushaltshilfe für Rollstuhlfahrer (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 17/1465)

Nicht anerkannt wurden folgende Fälle:

  • Anschaffung juristischer Literatur (LSG Sachsen-Anhalt, 21.6.2012, Az. L 5 AS 322/10)
  • Eigenanteil in der privaten Krankenversicherung (LSG NRW, 26.06.2013, Az. L 2 AS 495/13 B)
  • Fahrtkosten zu ärztlichen Behandlungsterminen (Landessozialgericht Sachsen, 25.09.2013, Az. L 7 AS 83/12 NZB)
  • Kieferorthopädische Behandlung (BSG, 12.12.2013, Az. B 4 AS 6/13 R)
  • Kindergartenselbstbeteiligung (LSG NRW, 09.01.2012, Az. L 19 AS 2054/11 B)
  • Kosten einer Privatschule (SG Berlin, 12.06.2012, Az. S 172 AS 3565/11)
  • Leihgebühren für ein Musikinstrument (BSG, 10.09.2013, Az. B 4 AS 12/13 R)
  • Schuhe der Übergröße 50h (SG Chemnitz, 09.10.2013, Az. S 26 AS 3702/11)
  • TÜV für ein Kfz (Landessozialgericht NRW, 08.03.2012, Az. L 19 AS 1998/11 B)
  • Umgangskosten der Großeltern mit dem Enkelkind (SG Karlsruhe, 23.09.2013, Az. S 11 AS 2299/13)
  • Verbandsmaterial zur Krankenbehandlung (Bayerisches Landessozialgericht, 28.03.2012, Az. L 7 AS 131/12 B ER)

Der Bedarf für die Unterkunft und Heizung wird in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch II).

Aufwendungen für die Unterkunft sind bei Mietwohnungen vor allem die Kaltmiete und die Betriebsnebenkosten.

Bei Eigenheimen zählen zu den Aufwendungen für die Unterkunft neben den zu zahlenden Betriebskosten (wie Wasser-, Abwasser- und Abfallgebühren, Grundsteuer, Gebäudeversicherung) auch die Schuldzinsen für die Finanzierung der Immobilie. Unter bestimmten Bedingungen sind auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur zu berücksichtigen. Tilgungsraten können entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur ausnahmsweise übernommen werden, wenn in der Endphase der Finanzierung lediglich noch eine Restschuld abzutragen ist, weil Grundsicherungsleistungen nicht der Vermögensbildung dienen sollen (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2011, B 14 AS 79/10 R, Rn. 18).

Die Angemessenheit der Wohnkosten wird in der Regel von dem örtlich zuständigen kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einer Richtlinie festgelegt. Die Richtlinie berücksichtigt dabei eine nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorhaben für den sozialen Wohnungsbau festgelegte Wohnfläche sowie einen Wert für einen örtlich angemessenen Mietzins zuzüglich der Nebenkosten. Der angemessene Quadratmeter-Preis bestimmt sich nach dem Preis vergleichbarer Wohnungen im unteren Bereich am Wohnort des Hilfebedürftigen und lässt sich dem Mietspiegel entnehmen. Die für Bemessung des Wohngeldes bestimmten tabellarischen pauschalierten Höchstbeträge des § 8 WoGG stellen dagegen keine valide Grundlage für die Prüfung der Angemessenheit des Mietzinses dar, vielmehr wird seitens der Rechtsprechung ein schlüssiges Konzept verlangt. Das Vorliegen eines schlüssigen Konzepts ist gerichtlich voll überprüfbar.

Folgende Tabelle gibt Auskunft über angemessene Wohnungsgrößen:

Personenzahl

Wohnungsgröße in m²

1

45 – 50

2

60

3

75

4

85 – 90

Jede weitere Person

10 – 15

Sind die Aufwendungen für die Unterkunftskosten unangemessen hoch, müssen diese Kosten von den Leistungsberechtigten nach Aufforderung durch das Jobcenter gesenkt werden. Dafür besteht in der Regel eine Höchstfrist von sechs Monaten (§22 Abs.1 Satz 3 SGB II). Die Übernahme der unangemessenen Unterkunftskosten über die Höchstfrist von 6 Monaten hinaus kann bei objektiver Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit der Kostensenkung erfolgen. Ein Wohnungswechsel kann z.B. nicht möglich sein, wenn kein entsprechender Wohnraum in angemessener Größe zu angemessenen Kosten zur Verfügung steht. Ein Wohnungswechsel kann im Einzelfall z.B. wegen einer Krankheit oder gebotener Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger Kinder unzumutbar sein. In jedem Fall hat aber das Jobcenter die angemessenen Unterkunftskosten zu übernehmen, so dass Kürzungen nur den „überschießenden“ Teil betreffen.

Heizkosten sind auch in der tatsächlich anfallenden Höhe anzuerkennen, soweit diese angemessen sind. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten können kommunale bzw. bundesweite Heizspiegel herangezogen werden (vgl. die Datenbanken unter http://www.heizspiegel.de oder http://www.mieterbund.de).

Die obigen Kriterien werden genauso auf Wohnungseigentümer angewendet.

Der Grundsatz, dass die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten bis zur Grenze der Angemessenheit gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II übernommen werden, wird in zwei Fällen eingeschränkt:

  1. Nach einem nicht erforderlichen Umzug, durch den sich die angemessenen Unterkunftskosten erhöhen, werden weiterhin nur die bisherigen Aufwendungen anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Dies gilt nicht, wenn der Leistungsberichtigte in das Gebiet eines anderen kommunalen Trägers umzieht.
  2. Bei unter 25-Jährigen werden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Mietvertrags zugesichert hat (§ 22 Abs. 5 SGB II). Hierzu ist das Jobcenter dann verpflichtet, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt.

Endet die jährliche Betriebskostenabrechnung mit einer Nachzahlung, hat das Jobcenter die Nachzahlung für die Heizkosten im Regelfall zu übernehmen, da diese zu den Kosten der Unterkunft gehört. Das Jobcenter kann die Heizkosten-Nachzahlung in selten Fällen ablehnen, wenn ein verschwenderisches Verhalten vorliegt und die Nachzahlung unangemessen hoch ist. In einem solchen Fall wird regelmäßig ein Darlehen gewährt, welches dann mit kleinen Beträgen monatlich mit dem Regelsatz verrechnet wird bis die Darlehensschuld beglichen ist.
Haben Sie die jährliche Betriebskostenabrechnung von Ihrem Vermieter erhalten, die mit einer Heiz- und Nebenkostennachforderung endet, so kopieren Sie das Schreiben des Vermieters und reichen Sie die Kopie der Betriebskostenabrechnung bei Ihrem zuständigen Jobcenter mit dem formlosen Antrag auf Übernahme der Heiz- und Nebenkostennachforderung.
Eine Nachzahlung für Strom wird nicht vom Jobcenter übernommen, da die Stromkosten aus dem Hartz IV Regelsatz zu bezahlen sind und nicht zu den Kosten der Unterkunft gezählt werden. Anders kann es sein, wenn Sie in Ihrer Wohnung mit Strom heizen müssen, d.h. wenn Sie einen Durchlauferhitzer oder eine Gastherme in Ihrer Wohnung haben. Dann steht Ihnen ein Mehrbedarf zu.

Umzugskosten und Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkaution können durch Jobcenter übernommen werden, wenn der Umzug durch das Jobcenter veranlasst oder sonst erforderlich ist und wenn ohne die Zusicherung eine Wohnung in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (vgl. § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II). Vor dem Umzug sollte man unbedingt die Zusicherung des Jobcenters einholen. Wurde keine Zusicherung eingeholt, können die Umzugs- und Wohnungsbeschaffungskosten trotzdem übernommen werden, wenn Umzug, z.B. wegen baulicher Mängel, zur besseren Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes oder bei Geburt eines Kindes, erforderlich war und die Kosten für neue Unterkunft angemessen sind.
Die Kosten für ein Umzugsfahrzeug sind regelmäßig zu übernehmen (Urteil des BSG vom 06.05.2010, B 14 AS 7/09 R), jedoch nicht Kosten für die Beauftragung eines professionellen Umzugsunternehmens.
Mietkaution wird lediglich als Darlehen erbracht (§ 22 Abs. 6 Satz 3 SGB II).
Das Darlehen wird dann regelmäßig durch Aufrechnung i. H. v. 10% des Regelbedarfs getilgt. Das bedeutet, dass monatlich ein gewisser Betrag von Ihrem Regelbedarf abgezogen und mit der Darlehensschuld aus der verauslagten Mietkaution verrechnet wird.

Sofern Sie Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder Sozialgeld für Unterkunfts- und Heizungskosten erhalten, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer Notlage gerechtfertigt ist (vgl. § 22 Abs 8 Satz 1 SGB II). Dies können sowohl Mietschulden bei Mietwohnungen, Zins- und Tilgungsrückstände bei Wohneigentum oder auch Stromschulden sein. Droht Obdachlosigkeit, soll das Jobcenter die Schulden übernehmen.  Die Schulden werden im Regelfall als Darlehen übernommen.

 

Die Erstausstattung ist zur Anschaffung der noch fehlenden Gegenstände in folgenden Fällen zu gewähren:

  • Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte
  • Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt (z.B. Umstandsmode, Wickelkommode, Säuglingskleidung, Kinderwagen usw.)
  • Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie Miete von therapeutischen Geräten

Erstausstattungen für die Wohnung sind nicht nur dann zu übernehmen, wenn eine Wohnung komplett neu zu möblieren ist, vielmehr auch dann, wenn es an einzelnen Haushaltsgeräten oder größeren Gebrauchsgegenständen fehlt, die in einer ansonsten möblierten Wohnung bisher nicht vorhanden waren. Es setzt aber auch nicht voraus, dass die Person den begehrten Gegenstand noch nie besessen hat.

Die Leistungen für die Erstausstattung werden als Sach- oder Geldleistung erbracht, darüber entscheidet das Jobcenter nach pflichtgemäßem Ermessen.

Die Leistungen für Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen werden als Geldleistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht.

Auch derjenige, der keine Hartz IV Leistungen benötigt, die oben genannten Erstausstattungen aber aus eigenen Mitteln nicht decken kann, kann diese Leistungen beanspruchen (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB II).

Leistungen für Bildung und Teilhabe sollen junge Menschen aus Familien mit geringem Einkommen unterstützen, damit sie gleichberechtigt Angebote in Schule, Freizeit und Kita nutzen können.

Folgende Leistungen für Bildung und Teilhabe sind gemäß § 28 SGB II möglich:

  • Schul- und Kita-Ausflüge, Klassenfahrten

Die Kosten für gemeinschaftliche Ausflüge und mehrtätige Fahrten werden, mit Ausnahme des Taschengeldes, vollständig übernommen.

  • Mittagessen in der Kita, Schule und Kindertagespflege

Die Kosten für gemeinschaftliche Mittagessen werden ohne Eigenbeteiligung übernommen. Voraussetzung ist, dass die Mittagsverpflegung in schulischer Verantwortung angeboten wird oder durch einen Kooperationsvertrag zwischen Schule und Tageseinrichtung vereinbart ist.

  • Schulbedarf

Für den persönlichen Schulbedarf (z.B. Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien) für Schülerinnen und Schüler werden pauschal zum 01. August 100,00€ und zum 01. Februar 50,00 anerkannt. Diese Zuschüsse sollen Ersatzbeschaffungen zum neuen Schulhalbjahr erleichtern.

  • Schülerbeförderung

Wenn zwischen Wohnung und Schule mehr als 2 Kilometer Fußweg liegen und Fahrtkosten nicht bereits von anderer Stelle übernommen werden, können die Kosten für Schülertransport (z.B. Schulbusshuttle, Netz- oder Streckenkarte für den ÖPNV) übernommen werden.

  • Lernförderung/Nachhilfe

Die Lernförderung meint in erster Linie Nachhilfeunterricht für Schülerinnen und Schüler, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um festgelegte wesentliche Lernziele zu erreichen. Der Nachhilfeunterricht kann auch unabhängig von einer Versetzungsgefährdung übernommen werden. Voraussetzung ist eine Bestätigung der Schule über die Notwendigkeit der Nachhilfe (zum Erreichen eines besseren Schulabschlusses, bei Sprachschwierigkeiten, Dyskalkulie, Rechtschreibschwäche) und dass sie nicht von der Schule erbracht werden kann.

  • Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft

Für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Kultur, Spiel und Geselligkeit, für Unterricht in künstlerischen Fächern und angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und für Ferienzeiten wird ein Budget von 15,00 € pro Monat zur Verfügung gestellt.

Anspruchsberechtigt sind Kinder und junge Menschen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres. Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft steht Kindern bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu.

Erbracht werden die Zuschüsse in Form von Gutscheinen oder Direktzahlungen an Leistungsanbieter.

Geldleistungen können entweder monatlich in Höhe der im Bewilligungszeitraum entstehenden Bedarfe oder nachträglich durch Erstattung der verauslagten Beträge gewährt werden.

Die 15,00 € für die zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben können auch ab Beginn des Bewilligungszeitraums für eine größere Aktivität gespart werden (z.B. für Fußballschuhe oder Fußball-Trikot bei gleichzeitiger Mitgliedschaft im Fußballverein).

Folgende Pflichtverletzungen (vgl. § 31 SGB II) kann Jobcenter sanktionieren:

  • wenn Sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, die in der Eingliederungsvereinbarung (EV) oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt festgelegte Pflichten zu erfüllen (z. B. wenn Sie keine Bewerbungen nachweisen oder darin festgelegten Ein-Euro-Job nicht antreten)
  • wenn Sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder eine geförderte Arbeitsstelle aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern
  • wenn Sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
  • Ihr Einkommen oder Vermögen zum Zwecke des Bezugs von Arbeitslosengeld II vorsätzlich vermindern (z. B. wenn Sie ein Lottogewinn oder ein Erbe absichtlich verjubeln, um möglichst schnell wieder Hartz IV zu beziehen oder eine Arbeit aufgeben oder ihr Haus verschenken, um Hartz IV zu bekommen). Die Absicht muss Jobcenter nachweisen.
  • sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen
  • ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach SGB III festgestellt hat, oder
  • Sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

Eine Sanktion ist nicht zulässig, wenn Sie einen wichtigen Grund für Ihr Verhalten nachweisen (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Beispiele für „wichtigen Grund“:

  • Sie sind alleinerziehend und ein Job/Maßnahme die Erziehung und Betreuung Ihrer Kinder gefährden würde.
  • Die Bezahlung für den Job war sittenwidrig.
  • Dem Job familiäre oder persönliche Gründe (z.B. religiöse oder Gewissensgründe) entgegenstehen.
  • Die Maßnahme war unzumutbar.
  • Es wurden überzogene Bewerbungsbemühungen von Ihnen verlangt.
  • Das Arbeitsangebot des Jobcenters hat Sie postalisch nicht erreicht.
  • Sie sind gesundheitlich nicht in der Lage, die angebotene Arbeit auszuführen.

Das Sanktionssystem wird grundsätzlich nach Alter der Person aufgeteilt.

  1. Sanktionen für Personen über 25 Jahre

Das Bundesverfassungsgericht hat am 05.11.2019 das bestehende Sanktionssystem gekippt, indem es die Sanktionen zur Durchsetzung von Mitwirkungspflichten bei Bezug von Arbeitslosengeld II teilweise für verfassungswidrig (vgl. BVerfG, Urteil vom 05. November 2019 – 1 BvL 7/16) erklärte. Die in § 31 a SGB II geregelte Sanktionsfolgen können ab sofort nicht wie bis jetzt angewendet werden. Hier die Übersicht der Sanktionsfolgen des § 31 a SGB II (die durchgestrichene Sanktionsfolgen sind rechtswidrig und dürfen nicht mehr verhängt werden):

1. Pflichtverletzung

30 % Kürzung des Regelsatzes

2. Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres

60 % Kürzung des Regelsatzes

3. Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres

100 % Kürzung der Leistung (= kein Regelsatz, keine Leistung für Unterkunft und Heizung, keine Krankenversicherungsbeiträge, keinen Mehrbedarf

Dauer

3 Monate

Bis der Gesetzgeber den § 31 a Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 SGB II neu geregelt hat, gilt laut Bundesverfassungsgericht folgende Übergangsregelung:

»Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung bleibt die – für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende – Leistungsminderung in Höhe von 30 % nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Maßgabe anwendbar, dass eine Sanktionierung nicht erfolgen muss, wenn dies im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. Die gesetzlichen Regelungen zur Leistungsminderung um 60 % sowie zum vollständigen Leistungsentzug (§ 31a Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB II) sind bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe anwendbar, dass wegen wiederholter Pflichtverletzung eine Leistungsminderung nicht über 30 % des maßgebenden Regelbedarfs hinausgehen darf und von einer Sanktionierung auch hier abgesehen werden kann, wenn dies zu einer außergewöhnlichen Härte führen würde. § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II zur zwingenden dreimonatigen Dauer des Leistungsentzugs ist bis zu einer Neuregelung mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Behörde die Leistung wieder erbringen kann, sobald die Mitwirkungspflicht erfüllt wird oder Leistungsberechtigte sich ernsthaft und nachhaltig bereit erklären, ihren Pflichten nachzukommen.«

Das bedeutet, dass das Jobcenter auch bei wiederholter Pflichtverletzung keine Sanktion verhängen darf, die über 30 % des Regelsatzes hinausgehen (beim Alleinstehenden darf nicht mehr als 127, 20 € von dem Regelsatz von 424 € abgezogen werden). Des Weiteren soll das Jobcenter bei Verhaltensänderung des Sanktionierenden die Dauer der Sanktion von 3 Monate auf z.B. 1 Monat verkürzen dürfen. Bevor das Jobcenter eine Sanktion verhängt, muss es von Amts wegen prüfen, ob eine außergewöhnliche Härte vorliegt. In einem solchen Fall darf eine Sanktion nicht verhängt werden.

Eine zweite Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres kann nach der jetzt geltenden Regel aber zu einer weiteren 30% Sanktion führen. Die darf aber nicht verhängt werden, während eine 30% Sanktion läuft. Sie muss dann zeitlich angehängt werden.

Sollten Sie einen noch nicht bestandskräftigen Sanktionsbescheid erhalten haben, das Ihren Regelsatz über 30 % verkürzt, sollten Sie unbedingt einen Widerspruch einlegen!

  1. Sanktionen für Personen unter 25 Jahre

 

Hier die Übersicht der Sanktionsfolgen des derzeit noch geltenden § 31 a Abs. 2 SGB II:

1.Pflichtverletzung

100 % Kürzung des Regelsatzes, d.h. Beschränkung auf Kosten der Unterkunft und Heizung

2. Pflichtverletzung innerhalb des Jahres

100 % Kürzung der Leistung (kein Regelsatz, keine Leistung für Unterkunft und Heizung, kein Mehrbedarf und keine Krankenversicherungsbeiträge

3. Pflichtverletzung innerhalb des Jahres

100 % Kürzung der Leistung (kein Regelsatz, keine Leistung für Unterkunft und Heizung, kein Mehrbedarf und keine Krankenversicherungsbeiträge

Dauer

jeweils 3 Monate:

Möglichkeit der Verkürzung auf 6 Wochen

„Wohlverhaltensklausel“ (wenn sich die Person nachträglich bereit erklärt, den Pflichten nachzukommen)

Erbringung der Kosten für Unterkunft und Heizung für Fälle unter 2. und. 3.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 05.11.2019 lediglich über die Pflichtverletzungen von über 25-Jährigen entschieden, da nur dieser Sachverhalt in der Klage anhängig war.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen und der Gewährleistungspflicht eines menschenwürdigen Existenzminimums kann nach der hiesigen Meinung nicht vom Alter der Bedürftigen abhängen. Daher ist davon auszugehen, dass das Urteil entsprechend auch auf unter 25-Jährige anzuwenden ist.

Der Sanktionsbescheid muss innerhalb von höchstens sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung erlassen werden.

Sollten Sie eine Sanktion über 30% des Regelsatzes erhalten haben, wird hier empfohlen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes einen Eilantrag beim Sozialgericht zu stellen.

Der Regelsatz wird um 10% (für Alleinstehende wären 10 % von 424 € 42,40 €) gekürzt, wenn Sie sich ohnewichtigen Grund“, „trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis“ nicht bei Jobcenter melden oder nicht zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin erscheinen (vgl. § 32 Abs. 1 SGB II). Dabei wird bei Meldeversäumnissen nicht nach Alter unterschieden. Die schriftliche Belehrung muss das Jobcenter nachweisen.

Sind Sie mit einer Entscheidung des Jobcenters (Bewilligungsbescheid, vorläufigen Bewilligungsbescheid, Ablehnungsbescheid, Änderungsbescheid, Aufhebungsbescheid, Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, Sanktionsbescheid usw.) nicht einverstanden, können Sie gegen den Bescheid innerhalb einer Frist von einem Monat Widerspruch selbst oder durch einen Rechtsanwalt einlegen. Jobcenter sind verpflichtet, Sie über die Möglichkeit Widerspruch einzulegen zu informieren. Daher muss jeder Bescheid eine sog.  Rechtsbehelfsbelehrung enthalten (am Ende des Schreibens). Es kommt vor, dass diese Rechtsbehelfsbelehrung fehlt oder Fehler enthält. In einem solchen Fall haben Sie ein Jahr lang Zeit Widerspruch einzulegen.

Die Bescheide des Jobcenters enthalten sehr oft Fehler, die korrigiert werden sollten, damit Sie die Leistung erhalten, die Ihnen auch zusteht!

Ich vertrete Sie außergerichtlich im Widerspruchsverfahren und, soweit notwendig, gerichtlich im Klageverfahren vor dem Sozialgericht!

Nachdem Sie das Schreiben/Bescheid des Jobcenters erhalten haben, lassen Sie keine unnötige Zeit verstreichen, da ab dem Zeitpunkt die Frist zur Einlegung des Widerspruchs läuft und schnellstmöglich gehandelt werden sollte!

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